Die Faszination der Stille in der Musik
„Über dem Wasser die Steine“ von Wolfgang Lindner wurde im Vorarlberg Museum uraufgeführt.
Es ist ein leises Stück Musik, das der Feldkircher Komponist Wolfgang Lindner (65) als Auftragswerk für Hannes Ludeschers Installation im Vorarlberg Museum (über die die VN berichteten) geschaffen hat und das gestern Nachmittag uraufgeführt wurde. Das Werk heißt so wie die Objekte, „Über dem Wasser die Steine“, und überträgt auf ideale Weise Stimmung und Aussage dieser Gegenstände in Töne, ohne sich dabei als eine Art „Illustrationsmusik“ anzubiedern.
Lindner ist als Schlagzeugprofessor der ersten Stunde am Landeskonservatorium eben in Pension gegangen und gilt seit Jahren als einer der beständigsten und interessantesten Komponisten im Land. Im VN-Gespräch meinte er über die Grundidee zu seiner Komposition: „Die Situation ‚Über dem Wasser die Steine‘ ist eine irreale – einerseits die Leichtigkeit, weil die Steine aus Papier sind, andererseits die Bedrohlichkeit, weil sie über den Köpfen schweben. Eine andere Ebene, die mich zu diesem Werk inspiriert hat, ist die Reihe von griechischen Aquarellen an der Wand, die den Sand und das Wasser spiegeln und den Horizont bilden. Und so löst sich die senkrechte Ebene in dieser horizontalen auf, alles verläuft sozusagen im Sande.“
Lindner war klug genug, die Akustik der Eingangshalle im Museum nicht nur zu berücksichtigen, sondern sie sogar so einzukomponieren, dass viele dieser lyrisch zarten, zerbrechlichen Stimmungsbilder in einem anderen Raum gar nicht zur Wirkung kämen. Der Komponist stellt sich dabei in den Dienst der Sache und lässt die Objekte für sich sprechen, was gewisse Muster und Überlagerungen ergibt. Trotzdem verliert das knapp viertelstündige Stück nie seinen eigenständigen Charakter.
Dichte Klangflächen
Als Grundstimmung hat der Komponist einen von Roland Wölfle vorgefertigten Soundteppich aus zugespielter Elektronik gewählt, der Naturgeräusche einbringt. Lindner: „Wie in der Genesis ist das am Beginn ein Nichts, aus dem das Wasser entsteht. Das Wasser spaltet sich, und aus dem wächst der Stein heraus.“ Darüber entfalten sich unter dem Dirigat des Komponisten die drei Instrumente mit Rafael Frei, Saxophon, Penelope Gunter, Violoncello, und Stefan Greussing an Percussions, von denen ein den australischen Ureinwohnern abgeschautes „Schwirrholz“ mit bedrohlichen Untertönen besonders ins Auge sticht. Dies ergibt faszinierende, aus kurzen Motiven verarbeitete, dichte Klangflächen, in denen Bildende Kunst und Musik einander auf ideale Weise begegnen. ju
03.04.2017 Silvia Thurner
Mutig und mit voller Kraft voraus – das „Collegium Instrumentale“ und Guntram Simma begeisterten aus mehreren Gründen
Mehr lesen
Inhaltliche Grundlage der neuen Komposition von Wolfgang Lindner sind die „Selbstbetrachtungen“ des Kaisers Marc Aurel, in denen er sich unter anderem mit ethischen Fragen und Aspekten sozialer Verantwortung beschäftigt hat. Der Vorarlberger Autor Norbert Mayer verfasste über dieses Stück Weltliteratur einen griffigen Text, den Wolfgang Lindner in Form eines Orchesterliedes kompositorisch interpretierte.
Ursprünglich erteilte Guntram Simma dem Konservatoriumsprofessor Wolfgang Lindner einen Kompositionsauftrag für das „Jugendsinfonieorchester Dornbirn“. Dem Orchesterlied ging jedoch ein langer Entstehungsprozess voraus und so blieb es nun dem „Collegium Instrumentale“ vorbehalten, die groß angelegte Komposition zu präsentieren.
Herausragender Solist: Das Collegium Instrumentale unter der Leitung von Guntram Simma setzte die Musik inspiriert und wohl bedacht in Szene. Spannend wurde zu Beginn eine Aura geschaffen, aus der sich langsam die melodischen Floskeln herauskristallisierten. Wolfgang Lindner hat sein aussagekräftiges Werk textdeutend angelegt. Dabei folgte er in vielfältigen Formen der Wortrhythmik und überhöhte den zeitkritischen Text hervorragend. Rap-Passagen und Beatboxing waren ebenso in den Vokalpart eingebaut wie Registerwechsel, rhythmisiertes Sprechen und Sprechgesang. Den vielfältigen Vokalpart füllte der Singer-/Songwriter, Chorleiter und Musikpädagoge Martin Lindenthal bravourös aus. Scheinbar mühelos wechselte er zwischen genau intoniertem Gesang, rhythmischen Patterns und Sprechgesang über Rap, Bodypercussion bis hin zum Beatboxing. Dezent verstärkt, sang Martin Lindenthal detailreich und wunderbar wortdeutlich.
Sehr gut aufgenommen wurde die Interpretation des Konzertes für Vibraphon und Orchester, „Rodeo“, von Wolfgang Lindner. Dabei erfand der herausragende Solist Christoph Sietzen den Solopart für sich neu und belebte mit seiner inspirierenden und virtuosen Spielart das Werk.
von Silvia Thurner in der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Rubrik Musik/Konzert
Finale mit farbigem Free Jazz
Letztes Jazzfrühstück beim Poolbarfestival 2011 Feldkirch.
Das heurige Poolbarfestival, das mit besonders prominenten Namen glänzte, setzte auch in diesem Jahr die beliebte Tradition des „Jazzfrühstücks im Park“ fort. Die letzte Matinee am Sonntag, dem 14. August, war der erfreuliche Schlusspunkt des Festivals und präsentierte den beliebten heimischen Musiker und Dozenten für Perkussion am Vorarlberger Landeskonservatorium, Wolfgang Lindner, und drei Freunde mit farbigem Free Jazz. Bei strahlendem Sommersonnenschein zeigten Wolfgang Lindner (A, Vibraphon), Laszlo Spiro (CH, E- Gitarre), Sergio Wagner (Brasilien, E- Bass) und Herbert Baumgartner (CH, Schlagzeug) auf dem Platz vor dem Alten Hallenbad brillante Beispiele ihrer Instrumentalkunst.
Mehr lesen
Meister der Improvisation
In offener Form, aber mit intensiver Gruppenimprovisation und Einbeziehung von exotischen Klangfarben- Elementen „schwarzen Ursprungs“ wurde musiziert. Wolfgang Lindner: „Kein Ton ist ausgemacht´. Wir improvisieren mit wenigen tonalen Zentren.“ Reizvoll waren etwa bei den Gitarren immer wieder ostinate Minimal- Music- Elemente, und einmal rankte sich aus einer Phrase sogar sehr kunstvoll das Thema von Griegs „Aus der Halle des Bergkönigs“ empor. Selbstredend lieferte der quirlige Vibraphonist Wolfgang Lindner auf härtere Rhythmen die sanften Sahnehäubchen als Dekor. Und ein reichhaltiges Buffet sorgte auch beim letzten Jazzfrühstück des heurigen Poolbarfestivals für Gaumenfreuden neben den Klanggenüssen.